Tanz der Farben / Eveline Schüep, August 2013
Die neusten, grossformatigen und mehrteiligen Arbeiten des Künstlers Daniel Felber (* 1960) sind vielschichtige, dynamisch-gestische Malereien voller Rhythmen des Lebens. Sie zeichnen sich durch starke Hell-dunkel-Kontraste und eine beschränkte Farbtonalität aus und oszillieren zwischen zeichnerischer Linearität und räumlicher Wirkung der Farben.
In seinen Arbeiten setzt sich Felber mit existenziellen, menschlichen Erfahrungen wie Liebe, Sexualität, Aggression und Tod auseinander, aber auch gesellschaftliche Themen wie die Beziehung der Menschen zur Natur scheinen auf. Die Ästhetik seiner Arbeiten, seine Themen wie auch seine Arbeitsweise zeigen Bezüge zu den Werken von Martin Disler und Louis Soutter.
Felbers künstlerische Äusserungen sind von seiner Suche nach physischen und psychischen Grenzen und deren Überwindung geprägt – sowohl in Bezug auf die Themen wie auf den Akt des Malens selbst. Der Tanz – das Ekstatische – bei dem körperliche wie auch geistige Grenzen überschritten werden können – spielen dabei eine zentrale Rolle. Am Tanz fasziniert Felber, dass er keine utilitaristische, zukunftsgerichtete Handlung ist, aus der ein Produkt resultiert, sondern ganz auf den Moment und dessen Erleben bezogen ist. Einerseits tanzen die dargestellten Figuren selbst. Auf vielen Bildern kann man einen wilden Reigen nackter Menschen sehen, die sich um eine Mitte, um ein Thema zu bewegen scheinen. Anderseits sind für Felber der Tanz und das Rhythmische beim Schaffensprozess selbst wichtig: Bewusst lässt er sich beim Malen von Musikrhythmen beeinflussen. Indem er sich zuerst selbst bemalt, grenzt er sich auch körperlich von seiner Umwelt und dem Alltag ab, um sich ganz auf den Akt des Malens konzentrieren zu können. Das Ekstatische und rituelle Eintauchen in die Farbe bedeuten für ihn einen Weg zur Unmittelbarkeit des Ausdrucks und der Bildfindung, die er heute, konträr zu seinen frühen eher abstrakten und geometrischen Arbeiten, sucht. Die Kompositionen entstehen in einem Wechselspiel zwischen spontanem Ausdruck und reflektierenden Blick, sodass es zu einer wechselseitigen Beeinflussung von Bildrhythmus, formalen Aspekten und Inhaltlichem kommt.
Einzelne der tanzenden Figuren tragen Tiermasken, wie in den Bildern „Tanz der Tiere“ oder „Tanz mit Mutter Erde – Bär“. Felber beeindruckt die Mimik und Körpersprache der Tiere sowie ihr „instinktives Selbstverständnis“. Die verschiedensten Tiere werden zu Akteuren in seinen Bilder: Schlangen, Vögel, Raubkatzen usw. zeigen uns ihre Rachen, fletschen die Zähne oder schlafen entspannt zusammengerollt. Die Tiergesichter sind meist genauer ausformuliert als diejenigen der Menschen, welche oft nur schemenhaft angedeutet sind. Angeregt zum Thema der Maske in seinen Bildern wurde Felber durch Eindrücke und Erfahrungen während eines Aufenthalts in Ouagadougou, Burkina Faso. Dabei geht es ihm weder um die Dokumentation von Erlebnissen noch um die Wiedererkennbarkeit von Personen. Die Figuren, Masken, Tiere und Körperfragmente sind vielmehr Bedeutungsträger, mittels derer er psychische Vorgänge, Leidenschaften, Sehnsüchte oder auch Ängste ausdrückt. Die Masken verstecken somit nicht das verstellte Gesicht, sondern offenbaren das durch die Vernunft Verdeckte und Sublimierte. Die Konstellationen von tanzenden und maskierten Menschen können auch als Darstellungen verschiedener Beziehungen und Gesellschaftsformen mit ihren Konflikten und Bündnissen gelesen werden.
Die Figuren bewegen sich nicht in einem perspektivischen Raum, den Felber für sie zuerst gedanklich geformt und auf der Leinwand konstruiert, um sie darin auftreten zu lassen. Im Gegenteil: Felber geht beim Malen von den Figuren aus und lässt so Raum entstehen. Der Raum wird durch die Körper definiert. Er wird geprägt durch den Rhythmus beim Schaffensprozess und durch die dynamisch gesetzten Pinselstriche geformt, die wiederum Spuren der körperlichen Bewegungen des Künstlers sind. Dabei kippen die Bilder kippen nie ins Ungegenständliche, auch wenn die zeichenhaften Silhouetten der Figuren und anderen Formen manchmal aus der Nähe betrachtet, durch die vielen Malschichten und Überlagerungen, ineinander zu verschmelzen scheinen und sich der Raum, wie beim Bild „Lust der Mütter im Tanz“ aufzulösen beginnt. Die Materialität der Farbe lässt die Formen offen und vieldeutig werden: Beim Betrachten der Bilder folgt man den verschiedenen Linien und Formen, lässt sich auf den Rhythmus der Farbe ein und entdeckt in den Strukturen immer wieder neue Figuren, Bewegungen und Geschichten. Felber Bilder nehmen uns mit auf eine Reise, auf der wir uns im Tanz der Farben immer wieder verlieren, um unerwartet zu finden.